Derzeitige Kriminalpolitik ist nur scheinbar rational. Sie findet meist jenseits sachverständiger Beratung statt. Das wäre kein Grund zu lamentieren, wenn Politiker selbst Experten wären. Doch selbstsicheres Auftreten ersetzt allzu oft nur deren Ahnungslosigkeit; der zu beobachtende Aktionismus täuscht Wirksamkeit vor, signalisiert letztlich aber Ratlosigkeit. Zu beobachten ist eine Popularisierung, Politisierung und Entprofessionalisierung von Kriminalpolitik. Nur plakative Forderungen haben Aussicht, bei der Masse des Wahlvolkes wohlwollend zur Kenntnis genommen zu werden. Die Ausrichtung der Politik orientiert sich am Wähler. Und der Wähler denkt nicht verantwortungs-, sondern gesinnungsethisch, will heißen er bewertet kriminalpolitische Forderungen nicht an ihren tatsächlich prognostizierten Wirkungen, sondern am Wünschenswerten, das irgendwelchen Idealen entspricht. … Abhilfe schaffen kann nur effektive Politikberatung. Einerseits gehört dazu, gesetzgeberische Maßnahmen bereits im Vorfeld einer Wirksamkeitskontrolle zu unterwerfen, also eine „fest institutionalisierte Beteiligung der Wissenschaft am Gesetzgebungsprozeß“. Andererseits sollte es Aufgabe guter Kriminalpolitik sein, eine kritische „Nachsorge“ zu übernehmen, also kriminalpolitische Maßnahmen zu evaluieren.
Literatur:
Putzke, Holm: Was ist gute Kriminalpolitik? Eine begriffliche Klärung; in: Kriminalpolitik und ihre wissenschaftlichen Grundlagen, Festschrift für Hans-Dieter Schwind zum 70. Geburtstag, hrsg. von Thomas Feltes, Gernot Steinhilper und Christian Pfeiffer, Heidelberg u.a. 2006, S. 111–122